Frühgeborenen-Retinopathie
Die Frühgeborenen-Retinopathie (ROP) entsteht durch eine gestörte Entwicklung der Netzhautgefäße in Folge der Frühgeburt. In den letzten Wochen vor dem errechneten Geburtstermin findet die Ausbildung der Netzhautgefäße statt. Dieser Vorgang wird durch die vorzeitige Geburt und die damit mitunter notwendige Sauerstofftherapie gestört. Der daraus folgende Sauerstoffmangel verursacht eine unkontrollierte Wucherung von krankhaften Gefäßen an der Netzhaut, die in den Glaskörper übertreten und so eine zunehmende Abhebung der Netzhaut hervorrufen können.
Wussten Sie schon?
Wir arbeiten eng mit dem Perinatalzentrum des Marienhaus-Klinikum Saarlouis-Dillingen zusammen und übernehmen die konsiliarischen Screening-Untersuchungen der Frühgeborenen.

Links: Gestreckter Gefäßverlauf bei mittelgradiger Frühgeborenen-Retinopathie
Rechts: Fortgeschrittene Frühgeborenen-Retinopathie mit ringförmigem Zug des Glaskörpers an der Netzhaut
Leitlinien-basierte Behandlung mit Laser
In der kritischen Phase kann es zu einer dramatischen Verschlechterung und drohender Erblindung innerhalb von wenigen Tagen kommen. Nur mit einer intensiven augenärztlichen Kontrolle aller Risikofrühgeborenen und einer frühzeitigen Laserbehandlung der krankhaften Netzhautareale können wir den Verlauf günstig beeinflussen. Die rechtzeitige Laserbehandlung ist bisher der einzige durch Studien gesicherte Weg die Erblindungsrate zu senken. Wir behandeln nach den wissenschaftlich erwiesenen Leitlinien des Berufsverbandes (Modifizierte ETROP-Kriterien).
Wussten Sie schon?
Eine Spritzentherapie (IVOM) ist hochwirksam und kann die feuchte Form der Makuladegeneration effektiv behandeln. Jährlich führen wir fast 10.000 IVOM-Behandlungen in unserem Makulazentrum erfolgreich durch.
Anti-VEGF Behandlung der ROP
Zunehmend setzen wir die sog. IVOM-Behandlung mit VEGF-Hemmern auch bei der Behandlung der Frühgeborenen-Retinopathie ein. Dabei bringen wir ein gefäßhemmendes Medikament unter Tropfenbetäubung in das Innere des Auges ein. Die Behandlung müssen wir in den meisten Fällen wiederholen.
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Lens-sparing Vitrektomie
Ist der Verlauf durch eine Laserbehandlung nicht aufzuhalten, ist eine Vitrektomie (Glaskörperoperation) zu empfehlen, die jedoch nur spezialisierten Zentren vorbehalten ist. Wir verwenden dabei eine Linsen-schonende (‚lens sparing‘), minimal-invasive Technik, die eine bessere Erfolgsrate zeigt als ursprüngliche Techniken. Sie entlastet die Netzhaut über diverse Einschnitte, ohne dabei die Linse oder die Netzhaut zu verletzen. Nur so können wir schwere Langzeitkomplikationen vermeiden.

Narbenstadium einer Frühgeborenen-Retinopathie mit typischer Netzhautablösung (Falziforme Ablatio)
Studienlage zur Stadiengerechten Behandlung
- Zone I Erkrankung: Klassische Dioden-Laserkoagulation
- Zone II Erkrankung: Intravitreale Anti-VEGF Therapie als studienbelegter „Off-label“-Einsatz
- Nicht empfohlen: Zeitgleiche Kombination Laserkoagulation und IVOM
- Stadium 4+5: Dioden-Laserkoagulation oder Lens-sparing Vitrektomie (keine IVOM wegen Traktionsgefahr)
Literatur
- Cryotherapy for Retinopathy of Prematurity Cooperative Group (1988) Multicenter trial of cryotherapy for retinopathy of prematurity: preliminary results. Arch Ophthalmol 106: 471–479
- Early Treatment for Retinopathy of Prematurity Cooperative Group (2003) Revised Indications for the Treatment of Retinopathy of Prematurity. Arch Ophthalmol. 121: 1684–1696
- Jandeck C, Kellner U, Lorenz B, Seiberth V. (2008). Leitlinie zur augenärztlichen Screening-Untersuchung von Frühgeborenen. Ophthalmologe 105:955-963
- Jandeck C, Stahl A (2012) Frühgeborenenretinopathie. Klin Monbl Augenheilkd 229: 557–577
- Mintz-Hittner et al. (2011) Efficacy of Intravitreal Bevacizumab for Stage 3+ Retinopathy of
- Prematurity. N Engl J Med 364: 603–15
- Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands zum Einsatz von Bevacizumab in der Therapie der Frühgeborenenretinopathie, Stand 20.12.2011
Kindliche Netzhautablösung (Ablatio)
Unser traditioneller Schwerpunkt ist die Behandlung von Netzhauterkrankungen. Dafür ist unsere Augenklinik international anerkannt. Zum sechsten Mal in Folge werden wir in der FOKUS Ärzteliste als führende Experten für Netzhautchirurgie in Deutschland empfohlen. Gerade eine Netzhautablösung bei Kindern erfordert eine besondere Expertise zur Beurteilung und Therapie.
In unserem Netzhautzentrum finden Sie die modernste Spezialdiagnostik und ein erfahrenes Ärzte-Team. Dabei arbeiten wir eng mit der Kindersprechstunde zusammen.
Wussten Sie schon?
Als eines der größten Zentren für Netzhaut/Glaskörper Operationen (>1.700 Vitrektomien) bieten wir Ihnen das gesamte Spektrum der Netzhautchirurgie an – inkl. 24h OP-Bereitschaft mit 6 erfahrenen Netzhautoperateuren.

Unterschiedliche Entstehung einer Netzhautablösung bei Erwachsenen (links) und Kindern (Mitte) sowie bei Kindern mit krankhaftem Glaskörper (Stickler, rechts). Die Ursache bei Erwachsenen ist die Sinterung des Glaskörpers mit darauffolgendem Zug an der Netzhaut. Kinder haben meist noch einen festen Glaskörper, eine Netzhautablösung schreitet nur langsam fort. In seltenen Fällen ist der Glaskörper jedoch schon im Kindesalter verändert. Netzhautablösungen sind bei Morbus Stickler häufig.
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen
Netzhauterkrankungen unterscheiden sich bei Kindern typischerweise erheblich von denen bei Erwachsenen. Gründe sind:
- Kinder haben einen sehr festen Glaskörper
- Frühgeburten können typische Gefäß-Veränderungen haben
- Angeborene Fehlbildungen des Glaskörpers führen häufig zu „Interface“-Problemen
- Gefäßanomalien machen sich meist bereits im Kindesalter bemerkbar
- Verletzungen am Auge sind bei Kindern häufiger
Kindliche Netzhautablösung
Durch degenerative Veränderungen in der Netzhaut oder durch eine Glaskörperabhebung, die an der Netzhaut ziehen, können in der Netzhaut Löcher oder Risse entstehen. Dabei werden kleine Blutgefäße beschädigt, so dass es in den Glaskörper blutet. Die beschriebenen Veränderungen verursachen keinerlei Schmerzen. Oft nehmen Patienten aber deutliche Lichtblitze durch den Glaskörperzug wahr. Kommt es zu Blutungen, so erscheinen diese wie ein Rußregen. Bei stärkeren Blutungen kann das Sehvermögen erheblich beeinträchtigt werden.
Behandlung mit eindellender Operation
Anders als bei Erwachsenen ist bei Kindern die Plombenaufnähung das Standardverfahren. Der Vorteil liegt im Erhalt der natürlichen Augenlinse. Entscheidend ist, dass der kindliche Glaskörper noch deutlich fester ist als bei Erwachsenen und die Netzhautablösung nur sehr langsam voranschreitet. Das erhöht auch die Erfolgsrate der Plombenchirurgie.
Behandlung mit 27 gauge Vitrektomie
Bei Erwachsenen ist die Vitrektomie inzwischen das Standardverfahren zur Behandlung der Netzhautablösung. Bei Kindern wird es deutlich seltener angewandt. Als eines der ersten Zentren haben wir uns auf eine besonders minimal-invasive Variante der Trokar-geführten Vitrektomie spezialisiert (Deutsches Referenzzentrum): Die 27gauge Vitrektomie. Das bedeutet, dass wir die gesamte Operation über besonders kleine, kaum sichtbare Schnitte von nur 0,36 mm durchführen. Gerade für Kinder ist dieser minimal-invasive Ansatz besser.
Kindliches Glaukom
Was ist ein angeborenes Glaukom?
Unter dem Begriff der angeborenen oder kindlichen Glaukome (genauer: entwicklungsbedingte Glaukome) werden verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, bei denen der Augendruck bei Geburt oder erst im Kindesalter erhöht ist. Ein chronisch erhöhter Augendruck führt zu einer Schädigung der Sehnervenfasern mit einem Verfall des Gesichtsfeldes und anschließender Erblindung, wenn die Behandlung nicht rechtzeitig erfolgt. Schlimmer noch: Im kindlichen Lebensalter schreitet die Schädigung wesentlich rascher voran als im Erwachsenenalter. Unsere Experten zeigen Ihnen, wie ein kindliches Glaukom sicher und effektiv behandelt werden kann.

Vorsicht bei "Schönen großen" Augen
Ein vergrößerter Hornhautdurchmesser bei Neugeborenen (Buphthalmus) kann Zeichen eines angeborenen Glaukoms sein. Auch verstärktes Tränen und Lichtscheu bei Neugeborenen können indirekte Hinweise sein. Eine augenärztliche Untersuchung bringt Klarheit.
Was ist die Ursache für ein angeborenes Glaukom?
Die Häufigkeit des angeborenen Glaukoms liegt in Deutschland bei ca. 1:15.000. Am häufigsten liegt ein primäres Glaukom vor, d.h. das Glaukom tritt (angeboren oder erst im Kindesalter) ohne erkennbare Begleiterkrankungen und -ursachen auf. Meist liegt eine Fehlentwicklung des Kammerwinkels (= dem Abflussbereich des Augenwassers) vor. Dieser ist entweder nicht richtig entwickelt und/oder es liegt eine zusätzliche Membran im Sinne eines Abflusshindernisses davor. Sekundäre kindliche Glaukome treten mit Fehlbildungen von anderen Augenabschnitten oder Syndromen auf. Beispielhafte Ursachen sind Fehlentwicklungen des vorderen Auges:
- Aniridie
- Rieger-Anomalie
- Peters-Anomalie
oder Syndrome des ganzen Körpers… - Rieger-Syndrom
- Sturge-Weber Syndrom
- Neurofibromatose
Es gibt noch zahlreiche weitere seltene Ursachen. Am häufigsten finden wir jedoch Kinder mit angeborenem primärem Glaukom, Aphakie-Glaukom (nach Linsenentfernung) und Axenfeld/Rieger-Anomalie.

Links: Angeborenes Glaukom bei Axenfeld-Rieger Anomalie
Rechts: Schweres angeborenes Glaukom bei Rieger-Syndrom
Wie erkennen wir ein angeborenes Glaukom?
Schwere angeborene Glaukome zeichnen sich durch ein deutlich vergrößertes, hartes und meist dunkles Auge aus (Buphthalmus, Ochsenauge). Schwieriger zu erkennen sind leichtere Fälle mit nur gering ausgeprägter Augendruckerhöhung. Erste Zeichen sind meist nur ein verstärktes Tränen, eine Lichtscheu, eventuell eine leichte Hornhauttrübung und leicht vergrößerte Augen.
Warum entsteht ein Buphthalmus nur bei Säuglingen?
Ein zu großer Augapfel kann auf ein angeborenes Glaukom hindeuten, denn ein chronisch erhöhter Augendruck führt aufgrund des noch weichen und elastischen Gewebes beim Fötus bzw. Säugling zu einer Vergrößerung des Augapfels. Besonders große Augen bei einem Neugeborenen sollten Sie daher umgehend bei einem niedergelassenen Augenarzt abklären! Ältere Kinder (ab dem 2.-3. Lebensjahr) entwickeln diese Augapfel-Vergrößerung nicht mehr, weil das Gewebe fester ist. Diese Kinder fallen daher vorwiegend durch eine zunehmend schlechte Sehkraft, eventuell eine fortschreitende Kurzsichtigkeit und plötzliches Schielen auf.
Der erste Schritt: Eine standardisierte Narkoseuntersuchung
Bei Verdacht auf ein angeborenes oder kindliches Glaukom empfehlen wir eine umgehende Untersuchung. Eine exakte Befunderhebung ist bei Säuglingen und Kleinkindern nur in Kurznarkose möglich. Die Narkoseuntersuchung führen wir meist ambulant durch. Sie ist sehr schonend auch für Neugeborene. Dabei untersuchen wir in einem standardisierten Vorgehen das gesamte Auge und vermessen es mit speziellen Methoden:
- Messung des Hornhautdurchmessers
- Messung der Hornhautkrümmung
- Brillenbestimmung mit Strichskiaskopie
- Augendruckmessung mit 3 verschiedenen Verfahren
- Untersuchung des vorderen Augenabschnitts
- Untersuchung der Netzhaut und des Sehnerven
- Ultraschall-Augenlängenmessung

Risse in der inneren Hornhautschicht (Haab'sche Leisten) bei angeborenem Glaukom

Kammerwinkel-Untersuchung zeigt einen nicht ausreichend entwickelten Kammerwinkel mit Abflussstörung des Augenwassers

Fortgeschrittenes Glaukom mit randständiger Aushöhlung des Sehnervenkopfs. Die Nervenfasern sind fast vollständig verloren.
Standard ist die Behandlung mit einer Trabekulotomie
Anders als beim Erwachsenen-Glaukom lassen sich angeborene und kindliche Glaukome sehr gut und mit hoher Erfolgsrate operativ korrigieren. Die wirksamste Therapie ist die Trabekulotomie, bei der wir eine Spezialsonde von außen in den Abflusskanal (Schlemm’scher Kanal) einführen und den Kammerwinkel nach innen eröffnen. Diese schonende Methode zeigt auch in Langzeitstudien nachhaltig gute Ergebnisse mit einer Drucksenkung auf durchschnittlich 17.9 mmHg beim primären Glaukom (mit 19.5 mmHg etwas schlechter beim sekundären Glaukom) über einen Zeitraum von 18 Jahren (Ikeda et al. Arch Ophthalmol 2004; 122:1122-1128). Allerdings müssen wir den Eingriff in mehr als der Hälfte der Fälle nach einiger Zeit wiederholen.
Die Sulzbacher 3 + 1 Strategie
In schwierigen Fällen muss eine stärkere Ableitung des Augenwassers erfolgen. Unsere Augenklinik ist dabei spezialisiert auf die mikro-invasive Glaukomchirurgie. Statt der Anlage eines künstlichen Ausflusses nach außen zielen die sog. nicht-penetrierenden Verfahren auf die Verbesserung der natürlichen Abflusswege (interne Ableitung). Vorteil ist eine deutlich schonendere Operationsweise, eine höhere Erfolgsrate und ein wesentlich kürzerer Heilverlauf.
Mit unserer Sulzbacher 3 + 1 Strategie steht ein abgestuftes Behandlungskonzept bereit, das für leichte, mittlere und schwere kindliche Glaukome individuelle mikro-invasive Lösungen bietet. Wenn wir den Augendruck erfolgreich regulieren, halten wir damit das Fortschreiten des Sehverlustes auf. Obwohl sich die Sehnerven-Aushöhlung wieder deutlich bessert (nur bei Kindern), ist es kein Zeichen für eine Regeneration der Sehnervenfasern. Eine Sehverbesserung kann deshalb nicht erreicht werden.
Beurteilung anderer Behandlungsverfahren
Es sind immer noch ältere Verfahren bei der Behandlung von kindlichen Verfahren verbreitet, die wir nicht mehr oder nur noch in Ausnahmefällen verwenden. Hier die Gründe:
- Die Trabekulektomie wird immer noch in vielen Kliniken angewendet. Bei Kindern liegt die Erfolgsrate jedoch unter 50%. Auch die Verwendung von medikamentösen Antimetaboliten ist bei Kindern kritisch und nicht ausreichend sicher.
- Die Zyklophotokoagulation gilt als relativ schonend. Sie wirkt bei Kindern jedoch meist nicht ausreichend und muss deshalb häufig wiederholt werden. Gerade bei Kindern ist die Zyklophotokoagulation schwierig zu dosieren.
- Eine medikamentöse Behandlung ist bei Kindern schwierig zu überwachen und zeigt häufig Nebenwirkungen.
Unbedingt beachten
Niemals den Wirkstoff Brimonidin bei Kindern verwenden. Bereits ein einziger Augentropfen kann lebensbedrohliche Komplikationen bewirken!